Montag, 22. April 2013

Ein Jahr - 3h

Ja, bald habe ich ein Jahr durchgehalten, das haette ich am 23. April 2012 nie gedacht!
Ich freue mich sehr ueber diesen Sieg. So langsam trenne ich mich von der Bulimie: seit Monaten schon denke ich nur noch in besonderen Momenten an mein Verhalten in der Bulimie. Es ist kein Teil meines Alltags mehr, mir Gedanken machen zu muessen, wie ich den Tag am besten ueberstehen werde. Ich kann in den Supermarkt gehen und das kaufen, was mir guttut und, worauf ich Lust habe. Ich kann eine Tafel Schokolade ueber eine Woche geniessen.
Ich gehe anders mit meinem Koerper um: weiterhin Sport, aber nicht mehr so viel. Ich schaue mich im Spiegel an, sehe einen nicht-flachen Bauch und denke mir: der Rest sieht ziemlich gut aus, also kannst du dir das erlauben. Dann laechele ich mich an :-)
Ich werde immer die Jahre vermissen, die ich in meinem Bett oder in der Kueche mit Fressen verloren habe. So viele Abende mit Freunden, Partys, Kulturevents oder Universitaets-Veranstaltungen die ich verpasst habe. Leider muss ich einsehen, dass es etwas zu spaet ist, um alles nachzuholen, aber ich versuche das Leben soviel zu geniessen, wie es geht.
Ich bin immer noch mit meinem neuen Freund zusammen. Er mag mich, wie ich bin und ich versuche, mich authentisch zu verhalten. Auf keinen Fall bin ich soweit, dass ich ueber meine frueheren Probleme reden will, deswegen muss ich einige Witze aushalten. Aber inzwischen bin ich so stark, dass ich erstens weiss, es sind nur Witze und zweitens es mir einfach egal ist und ich es selbtironisch nehme ;-)

Dienstag, 19. Februar 2013

300. tag

So langsam wird es zur Routine. Und doch freue ich mich: 300 Tage sind geschafft!!! So lange war ich noch nie gesund und es ist ein verdammt gutes Gefuehl.
Ich habe wieder zugenommen, habe wieder einen weiblicheren Koerper, meine Haare, Naegel und Haut sind endlich wieder gesund.
Eine Abschlusssitzung mit meiner Therapeutin ist jetzt auch geplant und ich fuehle mich alleine stark genug.
Das ist das Allerwichtigste, was ich in den letzten Monaten gelernt habe und, was mir schon immer im Leben gefehlt hatte. Ich kann mich alleine beschaeftigen und halte mich auch aus. Natuerlich geniesse und suche ich Gesellschaft, aber ich bin davon nicht abhaengig.
Abhaengigkeit war schon immer ein Problem fuer mich: ich hatte immer Bezugspersonen, zu denen ich ein sehr intensives und ungesundes Verhaeltnis hatte. Ohne diese Menschen wusste ich nicht, was ich mit meiner Person anfangen sollte. Daraus ist unter anderem meine letzte, gescheiterte Beziehung entstanden: ich war verzweifelt auf der Suche nach jemandem, der immer fuer mich da sein wuerde und mich staendig davon abhalten wuerde, mich vollzuessen und zu erbrechen. Kein Wunder, dass es nicht funktioniert hat!
Nun hoffe ich, nicht unbedingt ruhiger oder freundlicher zu sein (das muss ich noch lernen...), sondern diese gewisse Selbststaendigkeit zu bewahren.
Happy 300th day!

Montag, 7. Januar 2013

257. tag

Ein anonymer Kommentar laesst mich wieder in die Vergangenheit blicken. Wie habe ich es in den ersten Tagen geschafft? Schwer zu sagen... Ich weiss aber noch genau, wie schwer es ist diese ersten Tage zu ueberwinden, da ist die Versuchung naemlich viel zu gross. Fuer mich gab es schon immer eine Art Drei-Tages-Grenze: darunter dachte ich mir immer, dass ich sowieso nichts erreicht hatte und durch einen erneuten Essanfall nichts kaputt machen wuerde.
Eines kann ich sagen: zu der Zeit war ich eher gluecklich. Die Uni war nicht stressig, ich habe viel mit Freunden gemacht. Sogar das Wetter hat glaube ich mitgemacht: ich kann mich an Fahrradfahrten bei Sonnenschein, im T-Shirt erinnern. Fuer mich hat das Setting immer eine grosse Rolle gespielt!
Der erste Tag war bei mir der Geburtstag einer sehr guten Freundin. An dem Tag war ich zum Kuchenessen bei ihr eingeladen und hatte davor einen kleinen Essanfall und hatte vor, zu erbrechen, aber ich habe mir gedacht: diesen Tag mache ich mir nicht kaputt! Und an dem Nachmittag hatte ich soviel Spass wie schon lange nicht mehr und wollte danach auch nicht mehr den Kuchen und co. erbrechen. Ich war einfach so gut drauf.
Es geht glaube ich darum, das, was das Leben einem bietet, positiv aufzunehmen und soviele Gruende wie moeglich zu finden, das eigene Leben als wertvoll zu sehen. Nicht unbedingt sich selber, sondern die Menschen, die einem taeglich Freude schenken, schoene Szenen und Landschaften. Selbstwertgefuehle zu haben, wenn man gerade mitten in der Bulimie steckt, ist fuer mich einfach utopisch.
Mir geht es gut, ich habe Weihnachten gut ueberstanden, trotz Stress und Streit und vielem Essen. Kalorien habe ich auch nicht gezaehlt und viel Bewegung konnte ich leider nicht haben, aber ich bin sehr gut damit klargekommen. Ich habe mich endlich getraut, manchen Familienmitgliedern meine Meinung zu sagen, ob das letztenendes gut war, weiss ich leider nicht. Aber fuer mich war es ein Erfolgserlebnis, mich zu trauen, auch, wenn ich mich danach streiten musste und einen Nachmittag geweint habe. Alles ist besser, als Gefuehle und Wut runterzuschlucken.
Mein neuer Freund ist toll. Ich habe Riesenspass mit ihm, aber ich habe auch gelernt, selbststaendig zu leben. Das heisst, mehr "Quality-time" mit ihm und weniger aneinander kleben. Er kocht viel, gut, aber auch sehr fettig, was mir aber drei- bis viermal die Woche nicht viel ausmacht. Ich will mir diese neue Beziehung nicht mit Essenswahn ruinieren, erstmal warte ich ab, ob das Essen ueberhaupt eine Auswirkung auf meine Figur hat. Denn ich schaffe es inzwischen auch, mein Essen langfristig zu regulieren: wenn ich bei einer Mahlzeit viel esse, werde ich zB abends nicht mehr viel essen, da ich keinen Hunger empfinde. Und frueher ging das nicht, denn ich habe aus Automatismus gegessen.
Jetzt kommt eine sehr schwere Zeit fuer mich, aber ich bin zuversichtlich, dass ich sie ueberstehen werde. Immerhin bin ich von tollen Menschen umgeben. Und ich habe nicht mehr den Anspruch, Hochleistungen zu erbringen, denn ich finde, dass mein (erstmal vorlauefiger) Sieg ueber die Bulimie eine super Leistung fuer mein ganzes Leben ist. Wenige Menschen wissen davon, also ist es auch eine Art innerer Schatz fuer mich :-)