Freitag, 25. November 2011

218. tag

Die Adventszeit kann man jetzt spueren. Draussen ist es kalt und neblig, drinnen warm aber dunkel...
Jemand in meinem Haus backt jeden Tag, es riecht immer so herrlich lecker im Treppenhaus. Und ich habe auch schon von meiner Grossmutter ein Nikolauspacket bekommen. Ein Buch, sonst lauter Suessigkeiten...
Ich lerne viel zuhause und spuere deshalb auch staerker den Drang danach, einfach alles wegzuputzen und zu erbrechen. Das waer doch viel einfacher, als mich immer zurueckhalten zu muessen und danach zum joggen zu "quaelen", oder?
Eigentlich ist die Adventszeit eine schoene, gemuetliche Zeit.

Montag, 21. November 2011

214. tag

Nur ein kurzer Post... Heute werden es 140 Tage sein!
Manchmal traueme ich von meiner Bulimie. Es gab bis jetzt keinen einzigen schoenen Traum. Immer werde ich dabei erwischt, von jemandem, den ich mag. Und dann sind alle traurig und ich schaeme mich. Oder ich kann nicht erbrechen (so in etwa wie mit den Toiletten, die man die ganze Nacht lang sucht...).
Das zeigt mir, dass ich immer noch nicht soweit bin, mit der Bulimie voellig "Schluss zu machen". Und wenn ich die Tage zaehle, die ich durchgehalten habe, gebe ich mir immer nur kurze Ziele. Zum Beispiel: noch 10 Tage durchhalten und dann habe ich genug erreicht, dann ist es nicht mehr so schlimm, wenn ich einen Essanfall mit Erbrechen habe. Schwachsinn!
Und trotzdem hat es sich so sehr in meine Gedankengaenge eingepraegt... Ich habe unter anderem deshalb Angst vor der Weihnachtszeit, dass ich da einen schlimmen Rueckfall habe.
Ich muss an einen Beitrag auf dem Blog "Bulimie, nein danke!" denken: da geht es darum, wie lange solche Netzwerke und Handlungsschemata im Gehirn erhalten bleiben. (Link: http://bulimieneindanke.blogspot.com/2010/11/neurochemie-wie-ist-die-uberwindung-der.html ) Ganze 6 bis 9 Monate... Also werde ich wohl noch ein Paar Monate durchhalten muessen.

Mittwoch, 16. November 2011

209. tag

Heute werde ich nicht jammern. Die letzten Tage sind besser, viel besser gelaufen.
Ich schreibe, weil ich andere Bulimie-Kranke unterstuetzen will. Immer wieder landen Menschen auf meinem Blog, weil sie verzweifelt nach einer Loesung zu ihrer Bulimie im Internet suchen. Das kenne ich, habe ich auch oft genug getan. Oder eine oder die andere Mail klang auch nicht gerade optimistisch. Ich will keine Zitate posten, nur diesen Personen sagen, wie sehr ich sie verstehe und mir wuensche, dass es ihnen besser geht.
Wenn ihr nicht weiter wisst, denkt daran, dass es immer einen Weg daraus gibt. Man muss sich nur die Zeit lassen, Kraft und Mut zu schoepfen. Ich denke jeden Tag an euch!


Montag, 14. November 2011

207. tag

Es geht mir etwas besser. Ich habe immernoch Zweifel und fuehle mich allgemein demotiviert, aber ich kann wieder positivere Gedanken haben.
Am Samstag habe ich mit meinem Freund ueber meine "falschen Entscheidungen" gesprochen. Oder eher: ich habe geweint und er hat zugehoert. Ich weiss noch nicht, wie es in laengerer Zukunft zwischen uns sein wird, aber ich will einfach nicht mehr daran denken. Ich habe eingesehen, dass ich nicht soviel von ihm verlangen kann und, dass ich nur Wuensche formulieren kann. Das Umsetzen dieser Wuensche muss ich ihm ueberlassen. Und ein bisschen abwarten, denn unsere Leben sind zur Zeit wieder nicht die entspanntesten.
Ich habe es ohne Essanfall ueberstanden. Wieder viel mit unterschiedlichen Freunden, gemuetliche Filmabende mit ganz viel Knabbersachen und Schokolade. Und das hat gut getan.
Die naechsten Wochen werden mich an meine Grenzen bringen, das weiss ich jetzt schon. Viel zu viel fuer die Uni, dazu noch fehlt mir die Energie fuer's Lernen. Aber ich will das einfach so ueberstehen, ohne einen Rueckfall zu haben.


Donnerstag, 10. November 2011

203. tag

Und es wird nicht besser... Warscheinlich traegt der Winteranfang auch stark zu meiner Stimmungssenkung bei, aber es gibt viele andere Gruende. Ich weiss nicht genau wohin, mit meinen Gefuehlen. Es ist, als haette ich letztes Wochenende wieder so eine Art Kurzschluss gehabt, die mir jetzt eine ganz andere Sichtweise ueber mein Leben gibt. Und ich kann vieles immernoch nicht nachvollziehen, bereue auch einiges.
In der Uni war es gestern und heute schwer fuer mich, mich zu konzentrieren, weil ich so viel ueber andere Sachen nachgedacht habe. Soagr die Traenen kamen mir schon in den Augen. Gestern abend war mein Freund der liebste der ganzen Welt: ich haette es geniessen und mich darueber freuen sollen, habe es aber nicht geschafft. Als ob es zwischen uns aus waere.
Ich bin anscheinend langsam von Verstand und hartnaeckig, was bestimmte Sachen angeht. Ich dachte immer, ich koennte die anderen veraendern, anstatt es bei mir zu versuchen. Ich habe nicht danach gesucht, was mir passen wuerden, sondern danach, was mir helfen wuerde und ich dann mir selber anpassen wuerde.
Nach so langer Zeit in einer Beziehung habe ich letztes Wochenende erst eingesehen, dass Veraenderungen nicht alleine von mir durchgefuehrt werden koennen. Und komischerweise hat es mich etwas erschuettert: will ich mein Leben weiter so gestalten, wie ich es jetzt mache? Was brauche ich bei anderen Menschen? Darf ich denn ueberhaupt so viel erwarten oder soll ich lernen, mehr zu akzeptieren?
Es truebt mich so sehr, dass ich heute mittag einen Essanfall gehabt haette, waere mein Mitbewohner nicht zufaellig noch da gewesen. Er muss aber bald wieder los und ich weiss nicht, wie stark ich heute sein werde, hoffentlich wird es reichen. Ich fuehle mich einsam, weil ich die Personen, mit denen ich reden moechte, nicht erreichen kann.
Im Augenblick habe ich einen schrecklichen Hass auf die Bulimie. Weil ich immer mehr herausfinde, wieviel ich verpasst oder falsch gemacht habe. Am liebsten wuerde ich die letzten Jahre zurueckspulen und mich als Teenie ohrfeigen.

Montag, 7. November 2011

200. tag

Na, was fuer ein Zufall. Ich liege seit einer Stunde wach im Bett und mache mir Gedanken. Dann habe ich mir ueberlegt, ein Paar dieser Gedanken hier zu posten, weil sie mein Leben mit der Bulimie betreffen. Dass es heute genau der 200. Tag meines "Kampfs" ist, wusste ich nicht. Passt aber gut zu einem Retrospektiven-Post.


Wie sehr die Bulimie meine Gedanken und Entscheidungen frueher beeinflusst hat, merke ich erst jetzt. Ich dachte immer, es waere ein Problem, dass nur mein direktes Handeln betrifft und doch habe ich mein Leben sehr danach gestaltet.
Zwei Beispiele: mein Freund und meine aktuelle Wohnung. Die finde ich ziemlich markant, da sie immernoch Teil meines Lebens, und mir auch sehr wichtig sind ;-)
Als ich meinen Freund zum ersten Mal gesehen habe, dachte ich mir "Wow, wenn die B... dann endlich mit ihm zusammen ist, dann hat sie wirklich Glueck". Denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass er sich fuer mich interessieren wuerde (mangelndes Selbstbewusstsein, hat sich deutlich verbessert). Und dann , als ich ihn ohne Mantel etc. gesehen habe, dachte ich: der hat keine Model-Figur (ehemaliger Kajak-Wettkaempfer, da ist man "staemmiger"), deshalb wird er seine Freundin nie damit stressen, dass sie super-schlank sein muss. Und das war fuer mich der Traum-partner. Weil ich in der Zeit ueberzeugt war, dass sobald die Frau etwas dicker wird, die meisten Maenner keine Beziehung mehr wollten. Sehr gut fuer die Gleichberechtigung, nicht? Ich hatte Angst davor, dass meine Beziehungen scheitern, weil ich zu sehr zunehme und habe mich deshalb in einen verliebt, der von vornherein nicht der schlankste ist.
Zum Gluck war das nur ein Nebengedanke, sonst waeren wir heute nach 2 Jahren nicht mehr ein Paar. Ich liebe ihn wegen anderer Sachen, die ich in der Zeit in ihm entdeckt habe. Weil ich inzwischen weiss, dass in Liebe viel mehr steckt, als den anderen super-toll aussehend zu finden. Ich bereue in der Hinsicht nichts und trotzdem weiss ich, dass ich mich heutzutage nicht so schnell in ihm verliebt haette. Weil sich mein Weltbild ein bisschen veraendert hat.
Das zweite ist meine Wohnung. Und das ist warscheinlich ein noch markanteres Beispiel. Nach 5 Monaten Beziehung, habe ich mich entschieden, mit meine Freund und seinem besten Kumpel zusammenzuziehen. Zur Anfangsentscheidung muss ich noch sagen, dass eigentlich noch ein guter Freund von mir noch dazugehoeren sollte, aber zur Grundidee aendert es nichts.
Ich wohnte damals in einer Zwecks-WG, hatte mit meinen Mitbewohnern wenig zu tun und konnte in der Wohnung tun und lassen, was ich wollte. Klar, Fressanfaelle ohne Ende. Mein Freund wohnte damals in einem voellig anderen Viertel, dass heisst, er war auch keine 24 Stunden am Tag bei mir. Und ich war dermassen von ihm abhaengig. als es darum ging, es ohne Essanfall auszuhalten, dass ich mich bei der Wohnungssuche richtig aufgezwungen habe. Ich hatte Angst, weniger mit ihm zu tun zu haben, wenn er mit einem Freund wohnt. Und vor allem habe ich diese neue Wohnung, mit Leuten, die mir wichtig sind, als Mittel gesehen, aus der Bulimie herauszukommen. Denn ich wollte nicht, dass die anderen es mitbekommen.
Das neue Bad/Klo sollten fuer mich "heilig" werden, ich wollte nie in diesen erbrechen. Ortswechsel sollte wie ein Wunder gegen die Bulimie wirken.
So kam es dazu, dass ich mit meinem Freund zusammengezogen bin. Ich muss leider zugeben, dass das, was ich gerade erklaert habe, meine Hauptmotivation war. Und ich habe es auch eine Zeit lang in dieser Wohnung ohne Essanfall ausgehalten. Aber geheilt hat es mich nicht, was jeder, der einen gesunden Menschenverstand hat, haette voraussehen koennen. Aber ich weiss auch nicht, wie sehr der Wohnungswechsel mir doch geholfen hat. Denn ich bin gluecklicher, als in meiner alten WG, das steht fest. Mit Menschen zu wohnen, die ich liebe/mag und mit denen ich vieles erleben kann, hat mir warscheinlich geholfen.
Ich bereue diese Entscheindung also auch nicht. Aber teilweise hat es mich in eine schwierigere Lebendssituation gebracht. Damals habe ich nur das eine gesehen, und vieles uebersehen. Was passiert, wenn nach 2 Jahren (eigentlich eine ziemlich kurze Zeit) meine Beziehung doch in die Brueche geht? Eine Trennung muesste meinen Umzug einleiten, ich muesste alles neu organisieren. Ich weiss, ich koennte es schaffen, aber schaeme mich dafuer, dass ich es nicht ernsthafter betrachtet habe. Weil die Bulimie einfach alles uebertrumpft hat und ich keine anderen Probleme sehen konnte.
Diese etwas negativeren Gedanken werden bleiben. Und damit ist mein Post zuende. Etwas positiver ist, dass es gestern 125 Tage geworden sind, also 4 Monate und 2 Tage. Das ist nicht schlecht.